Geronimo und Deborah

 

"Hallo Geronimo. Hallo Deborah. Schön, dass ihr euch die Zeit nehmt, euren Freunden hier unter den Menschen, ein paar Fragen zu beantworten."

Geronimo: (schaut sich mit grossen Augen um)
"Hallo und danke für die Einladung. Ich wusste gar nicht, dass sich hinter dem Schleier von Melindor noch eine andere Welt verbirgt. Aber ich glaube mich daran zu erinnern, dass Oraklingard einmal davon erzählt hat."

Benita: "Ich habe mir gedacht, ihr könntet euch gegenseitig vorstellen. Deborah möchtest du den Anfang machen?"

Deborah: "Gerne. Und hallo zusammen ihr Menschen. Heilige Mutterkrähe, das ist ja mal ein Abenteuer anderer Art, vor Menschen was über uns zu erzählen. Dann mach ich mal. Geronimo ist mein bester Freund und er ist ein Fliegendes Schwein. Eigentlich dachte ich ja erst, er wäre eine Art seltsamer Vogel, aber da habe ich mich geirrt, was ich eher selten tue."

Geronimo: (Geronimo kichert und Deborah schickt ihm einen strengen Seitenblick zu, worauf er noch mehr grinsen muss.)

Deborah: " Ich sehe mich selbst eher als den Kopf in unserem Gespann, und Geronimo ist das Herz. Er ist sehr sensibel und hat ganz viel Gefühl, manchmal zerfliesst er davon fast. Er ist auch sehr unsicher, aber das ist ja auch kein Wunder. Die Fliegenden Schweine haben ihm nicht viel von der Welt, ich meine damit Melindor, erzählt. Sie haben ihm nur Geschichten von Orbadoc erzählt und wie schön es da ist und wie köstlich die Olbknollen da schmecken. Ja, die frisst er am liebsten. Geronimo denkt überhaupt ständig ans Fressen, aber er ist ja auch furchtbar mager. In seiner Gefangenschaft in der Höhle des Zoloq hat er sich ja fast zu Tode gehungert, damit er nicht selbst gefressen wird. Geronimo ist der mutigste kleine Kerl, den ich je getroffen habe. Er gibt niemals auf und für seine Liebsten tut er einfach alles."

Geronimo: " Das verdanke ich aber vor allem dir, Deborah. Wenn du nicht da gewesen wärst bei allen unseren Abenteuern, hätte ich das nicht geschafft."

Deborah: "Ja, gemeinsam sind wir unbesiegbar. (lacht). Aber du bist schon ein zäher kleiner Kerl. "

Geronimo: "Wieso sagst du immer, dass ich klein bin? Ich bin doch grösser als du."

Deborah: (verdreht die Augen) "Heilige Mutterkrähe, du bist klein für ein Schwein. Aber ich bin ein Vogel. Die sind immer kleiner als Schweine. Naja, die meisten.
In der Luft ist Geronimo unsichtbar wie alle Fliegenden Schweine. Damit hat er mir einen gehörigen Schrecken eingejagt. Er hat es mir nicht gesagt, und plötzlich war er weg, als wir geflogen sind. Aber inzwischen kann ich ihn auch sehen, wenn er fliegt, denn ich habe von den Elben ein Zauberpulver in die Augen gestreut bekommen, damit ich ihn sehen kann. Er sieht überhaupt sehr drollig aus mit seiner rosa Haut und seiner lustigen Nase und den grossen Ohren. Seine Flügel sind toll, wie die von den Drachen und es rauscht so schön, wenn er sie auf und nieder schlägt"

Benita: "Geronimo, erzähl uns bitte etwas über Deborah."

 

Geronimo: "Deborah ist unheimlich klug. Sie weiss fast alles. Und sie ist noch viel mutiger als ich. Immer wenn ich meinen Mut verliere, ist sie da und gibt mir die Kraft, weiter zu kämpfen. Ohne sie habe ich mich oft sehr hilflos gefühlt. Mit ihr an meiner Seite, fühle ich mich sicher und geborgen. Und auch wenn sie sagt, sie sei der Kopf und ich das Herz stimmt das nicht so ganz, denn sie hat ein riesengrosses Herz. Sie versucht nur oft, das zu verbergen, aber ich kann es sehr wohl sehen und vor allem fühlen. Sie ist auch der schönste Vogel, den ich je gesehen habe. Ihre schwarzen Federn glänzen ganz wunderbar und wenn die Sonne hineinscheint schillern sie bläulich und manchmal ein bisschen violett oder grün. Deborah ist auch lustig. Sie sagt immer „Heilige Mutterkrähe“. Da muss ich immer grinsen. Und wenn sie was will, dann macht sie das, da lässt sie sich von niemand reinreden. Sie weiss auch immer was zu sagen, in jeder Situation. Es braucht schon sehr viel, bis es ihr mal die Sprache verschlägt. Auf den Schnabel gefallen ist sie wirklich nicht. Und man kann toll mit ihr fliegen. Sie ist schnell und wendig. Olimbo, unser Fluglehrer, hätte seine Freude mit ihr. Sie ist die beste Freundin, die man sich vorstellen kann."

 

 

Benita: „Geronimo, Olbknollen sind das Lieblingsessen der Fliegenden Schweine. Beschreibe uns bitte einmal, wie sie schmecken.“

(Geronimos Augen beginnen zu leuchten)
„Hm, das ist gar nicht so einfach, weil sie unvergleichlich himmlisch sind.“

Deborah räuspert sich und verdreht die Augen.

Benita: „Deborah, du magst die Knollen offenbar nicht so sehr wie Geronimo?“

Deborah: „Naja, man kann sie schon fressen, aber ich bevorzuge definitiv eine fette Made oder Brombeeren. Ich kann offen gestanden nicht verstehen, was für ein Aufhebens Geronimo immer um diese Knollen macht. Aber jedem das Seine.“

Geronimo streckt Deborah die Zunge heraus. „Du hast eben nicht die sensiblen Geschmacksknospen der Fliegenden Schweine.“ 

Er grinst und wendet sich an mich: „Olbknollen sind sehr saftig und am ehesten vergleichbar ist ihr Geschmack mit einer Mischung aus Nüssen und der Wurzel einer hochgewachsenen gelben Blume, die ihr Menschen Topinambur nennt. Und je nachdem, wo die Olbe wächst, an deren Wurzeln die Knollen zu finden sind, schmecken sie noch ein wenig nach den Kräutern, die darum herum wachsen.“

Benita: „Geronimo, wie sah ein typischer Tag deiner Kindheit auf Ipsalöö aus?“

 

Geronimo: “Nach dem Frühstück, das wir meistens zusammen mit einigen der anderen Fliegenden Schweine zusammen am Olbenwald einnahmen, ist Vater immer mit mir ein paar Runden im kleinen See schwimmen gegangen. Dann spazierten Vater und ich über die Wiesen und Hügel Ipsalöös, oder wir suchten uns ein schattiges Plätzchen unter einem Baum. Vater erzählte mir von meiner Mutter Mailinda und unseren Vorfahren, der Geschichte der Fliegenden Schweine und den Pflichten des Anführers der Fliegenden Schweine, weil ich ja sein Nachfolger bin und in diese Aufgabe hineinwachsen muss. Danach ging ich mit den anderen Ferkeln zu Olimbo in die Flugschule. Das war ein Riesenspass, obwohl ich mich immer doppelt anstrengen musste, weil ich ja der Kleinste von allen war. Aber meine Cousins Fegasio und Rochulio haben mir immer geholfen und so habe ich auch die schwierigsten Übungen geschafft. Die beiden sind meine besten Freunde. Ausser Deborah natürlich. Nach der Flugschule sind wir zu dritt losgezogen und haben viel Unsinn angestellt. Manchmal sind wir heimlich in die Höhlen in den Bergen geflogen, obwohl die alten Fliegenden Schweine das den Ferkeln verboten hatten. Und ich bin auch gerne alleine herum geflogen oder gelaufen, habe mich ins hohe Gras gelegt und vor mich hingeträumt. Dabei ist es leider oft vorgekommen, dass mich ein älteres Fliegendes Schwein gefunden und gescholten hat. Die dachten alle, genau wie mein Vater, dass es sich für den Sohn des Anführers nicht schickt, zu faulenzen und in den Tag hinein zu träumen. Abends nach dem Essen haben sich alle Fliegenden Schweine auf der grossen Wiese versammelt, um sich Geschichten zu erzählen, wie es bei uns Brauch ist, bevor wir schlafen gehen. Am liebsten waren mir die Geschichten über unsere Heimat Orbadoc und ich konnte es kaum erwarten, endlich dahin zu fliegen. Aber wie du ja weisst, ist da noch Einiges dazwischen gekommen.“