Klappentext

 

Dreizehn Edelsteine. Dreizehn Tugenden für den Frieden.

 

Wieder steht Geronimo vor einer grossen Aufgabe. Asor, der König der Drachen, schickt ihn gemeinsam mit Deborah, Harak und der jungen Seherin der Fliegenden Schweine aus, um die dreizehn Steine des Friedens zu finden und in den Zauberwald zurückzubringen, denn vor langer Zeit wurden sie von den Menschenkönigen gestohlen. Jeder Edelstein birgt eine Tugend in sich, und um die Steine finden zu können, müssen Geronimo und seine Freunde diese Tugenden zuerst in sich selbst zum Leben erwecken. 

Aber die Zeit drängt, denn der Zauberer Semadar hat den kostbarsten der edlen Steine an sich gerissen und damit das Gleichgewicht der Natur bedrohlich gestört. Und auch er sucht nach den anderen Edelsteinen.

 

Eine abenteuerliche, berührende und auch spirituelle Geschichte über die Kraft der Freundschaft und den Weg der Liebe zu sich selbst und zum wahren Frieden.

 

 



Leseproben: 

 

Die verkohlten Gerippe der Bäume am östlichen Rand des Zauberwaldes stachen nicht nur in den Himmel, sondern auch in Geronimos Herz. Was war nur mit Melindor geschehen? Das geliebte Land taumelte am Rand eines finsteren Abgrundes, und Geronimo sollte das Wunder vollbringen, es vor dem Abstürzen zu bewahren.

 

Deborah trat an Geronimos Seite und versuchte ein Lächeln. Sein Herz wurde ein wenig leichter. Ja, er hatte sie, er hatte Deborah. Das war mehr, als er sich je hätte wünschen können. Ihr gelang es immer wieder, neuen Mut in ihm zu wecken. Da war auch Harak mit seiner ruhigen Stärke und seiner stillen Weisheit. Und Estelle. Er kannte sie noch kaum, aber wenn er sie ansah, schlug sein Herz schneller, seine Knie zitterten und sein Magen sank zur Erde hinab, als lägen hundert Olbknollen darin.

 

"Gewalt ist niemals, ich sage es noch einmal, niemals, eine Lösung, die zum Ziel führt. Denn das Ziel ist unser Überleben, ist ein Leben in Frieden und Liebe! Wie könnten uns Gewalt und Krieg dahin führen, wenn sie doch nichts als Tod und Zerstörung bringen?

Nein. Es ist genug! Ich rufe euch auf, als eure Königin, als eure Schwester, euch diesem Blutvergiessen, diesem Morden und Zerstören zu verweigern. Ich weiss nicht, ob König Mokrin zurückkehren wird aus diesem Krieg, noch weiss ich, ob mein Bruder lebt. Aber eines weiss ich gewiss. Ich werde mich nicht mehr einsperren lassen! Weder meinen Körper in meinem Gemach noch meinen Geist und meine Stimme in den selbstbezogenen Absichten der Männer, die uns beherrschen. Ich sage, es ist Schluss mit dem Herrschen! Jetzt ist die Zeit der Gemeinsamkeit und der Verbundenheit. Indem wir unsere Kräfte verschmelzen und als Einheit für den Frieden in Melindor einstehen."

 

Geronimo wollte aufstehen und seine Wut in die Höhle hineinschreien, aber er wagte es nicht. Er wollte die anderen nicht wecken.

"Man hat immer eine Wahl", hatte Oraklingard einmal zu ihm gesagt. "Wir sind es selbst, die entscheiden, auf welche Seite wir uns stellen."

Er hatte es damals noch nicht verstanden, er war noch klein gewesen und wusste noch nichts von den Herausforderungen des Lebens, aber jetzt standen ihre Worte klar in seinem Herzen. Sie hatte ihm damals auch erklärt, dass man nichts auf die Seite schieben konnte, das nach Aufmerksamkeit verlangte. Man musste hinsehen, hindurchgehen, ihm die geforderte Zuwendung schenken, sonst würde es immer wiederkehren und einen jagen. Das hatte er damals erst recht nicht verstanden. Aber jetzt ergab alles einen Sinn. Er musste sich seiner Wut stellen. Sie ansehen und fühlen. Also tat er es.

 

"Das Namurdelta liegt normalerweise nicht auf unserer Flugstrecke", sagte Geronimo. "Wir sind nur hier, weil wir auf der Suche sind nach ..."

"Halt!", sagte Cordula. "Ihr könnt mir eure Geschichte nach der Parasitüre erzählen. Ich kann besser zuhören, wenn es mich nicht ständig juckt."

"Das leuchtet ein", sagte Harak und zuckte mit der Schulter.

"Können wir unsere Geschichte nicht erzählen, während die Madenhacker ihre Arbeit auf dir tun?", fragte Geronimo. "Wir sind nämlich ziemlich in Eile."

Cordula steckte ihre breite Schnauze unter Wasser und stiess Luft aus ihren Nüstern. Blasen tanzten um sie her. Als sie wieder auftauchte sagte sie: "Ich soll zwei Dinge gleichzeitig tun? Völlig ausgeschlossen, junger Mann. Du wirst dich schon gedulden müssen." Sie schloss die Augen zum Zeichen, dass sie dem nichts mehr hinzuzufügen hatte.

 

Es war bereits dunkel. Geronimo und seine Gefährten standen mit Sepora und Tarnov am Rand der Lichtung und beobachteten von dort den Zug der Lichter. Aus den Häusern schlüpfte langsam ein Licht nach dem anderen, bis von überall aus der Stadt, vom Boden und von den Bäumen herab, Lichter tanzten, die sich zu immer länger werdenden Ketten zusammenfanden und sich schliesslich in einem grossen Kreis auf der Lichtung vereinten. Alle Menschen von Narlingard, alte, junge und die Kinder, trugen eine dicke Kerze in ihren Händen vor sich, sodass ihre Gesichter von dem warmen Licht beleuchtet wurden.

"Noch nie im Leben habe ich etwas so Schönes gesehen", flüsterte Estelle in Geronimos Ohr. Er schaute ihr tief in die Augen. Auch ihr Gesicht war vom Schein einer Kerze, die Sepora vor sie hingestellt hatte, umschmeichelt. Geronimo lächelte.

"Ich habe auch noch nie etwas Schöneres gesehen", sagte er, und etwas leiser fügte er hinzu: "Als dich."

 

"Der Drache!", hauchte er tonlos. Semadar fürchtete niemanden. Keinen Elb, keinen Menschen und kein Tier. Ausser den König der Drachen. Mit ihm, und vermutlich auch mit den geringeren seiner Art, konnte selbst er es nicht aufnehmen. Immerhin war die Wahrscheinlichkeit gross, dass der Drache die beiden Schweine und vielleicht sogar die Raben und den Edelstein dazu, aufgefressen oder zumindest verbrannt hatte, als sie ihm, direkt aus der Schlucht heraus, vor die Schnauze geflogen waren.

Semadar war erschöpft. So sehr, dass er nicht einmal mehr ein schadenfrohes Grinsen zustande brachte. Ob er it seiner Vermutung richtig lag, würde sich zeigen. Jetzt musste er wieder zu Kräften kommen. Es wurde immer schwieriger und anstrengender zu teleportieren. Er fragte sich, ob es daran lag, dass die Natur plötzlich verrückt spielte. Das Wetter tat, was es wollte und scherte sich weder um die Jahreszeit noch um die Himmelsrichtung.

Ganz Melindor schien aus den Fugen zu geraten. Der Gnom hatte ihm die Schuld dafür gegeben, als er es in einem Anflug von Unachtsamkeit vor ihm geäussert hatte, als er das letzt Mal in Ketsref war. Weil er diesen Stein aus dem Zauberwald genommen hatte. Das war doch lächerlich! Was sollte ein Stein, auch wenn er noch so edel war, denn mit dem Wetter zu schaffen haben?

 

Horgur erwartete sie bereits am vereinbarten Treffpunkt.

"Na, sieh einer an, das ging ja fix", sagte er und lächelte Estelle an, als sie den Edelstein vor seine Füsse legte.

"Bravo Prinzessin."

"Das waren wir alle zusammen", sagte sie strahlend. Sie erzählte Horgur, was sie in Zara erlebt hatten. Für einen Moment hielt sie inne, als ob sie etwas gehört hätte. Dann sprach Asor durch sie:

"Das ist Kara, die Freude, die euch untrüglich dorthin führt, wo euer Schicksal wartet und eure Erfüllung liegt. Wann immer ihr der Freude folgt, und damit eurem Herzen, wird euch alles spielend leicht gelingen, und euer Glück ist das, was daraus erfolgt, denn wie ihr bereits verstanden habt, ist Freude hellstes Licht und reinste Liebe. Prägt euch dieses Gefühl der Freude gut ein, dann könnt ihr es in allen Lebenslagen mit einem Lächeln zurück in eure Herzen holen und auf seinen Schwingen über alle Hindernisse hinwegfliegen."