· 

Von der Natur lernen

Gestern war ich in meinem Garten, um einen Haufen welke Zucchiniblätter wegzuräumen, die ich auf der Wiese neben dem Beet liegen lassen hatte. Ich entfernte weitere welke Blätter von der Pflanze und landete schliesslich bei den Buschbohnen. Manche Stauden trugen noch ein paar Bohnen. Sie waren noch nicht so gross wie diejenigen, die ich schon früher im Jahr geerntet hatte und ein paar davon wurden schon gelb. Ich überlegte, ob ich ihnen noch die Chance zum Wachsen geben oder ob ich sie ernten und die Stauden ausreissen sollte. Ich entschied mich für letzteres.

Es war an der Zeit. Die Bohnen erschienen mir gross genug und die Stauden verdeckten zum Teil andere Pflanzen, die noch wachsen sollten. Ich bedankte mich bei den Buschbohnen, dass sie mir eine reiche Ernte beschert hatten, und dass sie nun auch noch meine Kompostmiete mit ihrer Biomasse bereichern würden. Ich riss Busch um Busch aus, pflückte die Bohnen und freute mich über den freien Raum, der auf dem Beet entstand, um Neues aussäen zu können und über das Licht, welches die anderen Pflanzen nun bekamen. 

Als ich so das Beet räumte, wurde mir wieder einmal bewusst, dass die Natur der beste Lehrmeister für das Leben ist. 

 

So wie im Spätsommer manche Pflanzen vergehen und uns ihre Früchte schenken, so ist es im Leben. Es fordert auch uns immer wieder auf, genau hinzusehen und zu entscheiden, was wir in unserem Leben behalten wollen und was wir loslassen dürfen, um für Neues Platz zu schaffen.

 

Immer wieder dürfen wir zu uns zurückkehren und uns fragen: Was will ich wirklich? Wer bin ich? Wer will ich sein? Was nährt meine Seele? Und dann dazu stehen und die entsprechenden Entscheidungen treffen. Das Gleiche dürfen wir auch anderen zugestehen, auch wenn unsere Perspektive manchmal ein anderes Bild zeigen mag.

 

Diese Entscheidungen sind nicht immer leicht, aber nachdem wir sie getroffen haben, fühlt es sich oft leichter an, genauso wie im Gemüsebeet, wo wieder neues Leben wachsen kann.

Vielleicht trauern wir jenen Dingen nach, die wir aus unserem Lebensgarten entfernen, weinen und fühlen, was auch immer wir fühlen. Diese Gefühle zu fühlen ist wichtig und richtig. Sie lockern den Boden für die neue Saat. Erlauben wir uns nicht, sie zu fühlen und verdrängen oder verleugnen sie, wird unser Boden hart und alles Neue, was wir in unserem Leben pflanzen oder säen wollen, verdorrt auf ungelösten alten Mustern und den Krusten nicht integrierter Gefühle und Verletzungen. 

 

Freuen wir uns also an den Früchten, die uns das Leben schenkt und danken wir dafür.  Die verdorrten Pflanzen geben wir auf den Kompost, wo sie den Humus bilden, auf welchem im nächsten Frühjahr wieder neues Leben gedeiht. Genauso wie unsere Ent-Täuschungen und Erfahrungen unserer Klarheit und Bewusstwerdung dienen und uns wieder ein Stück näher zu uns und unserer Selbstliebe führen. 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0