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Erwartungen

Fett und träge hockt das „Warten“ mitten im Wort wie ein Kuckuck in einem fremden Nest und hält uns davon ab, auf unsere Mitmenschen zuzugehen. Erwartungen sind die Distanz, die wir zwischen uns und anderen Menschen aufbauen. Wir warten darauf, dass sie uns glücklich machen, unsere Bedürfnisse erraten und erfüllen, dass sie spüren, wie es uns gerade geht und was wir brauchen. Wir wünschen uns oft, dass andere uns sagen, was gut für uns ist und dass sie dafür sorgen, dass es uns gut geht. Die anderen sollen so denken und sich verhalten, wie es unseren Vorstellungen entspricht (wir stellen etwas vor sie hin, wie ein Hindernis, über das sie erst einmal klettern müssen).

Erwartungen bündeln das weit gefächerte Licht der Möglichkeiten zu einem Laser, der auf einen einzigen Punkt zielt. 

Durch die Menschen, die unsere Erwartungen ignorieren, gibt uns das Leben die Chance, diesen Laser auf uns selbst zu richten und uns zu fragen, welche Bedürfnisse sich hinter unseren Erwartungen verbergen. 

Unerfüllte Erwartungen ermöglichen uns, etwas auszuhalten. Etwas zu halten, bis es aus ist, ein Gefühl zu fühlen, bis es sich aufgelöst hat oder es einfach bejahend anzunehmen und stehen zu lassen. Von anderen unerfüllte Erwartungen sind ein Geschenk an uns, denn sie werfen uns auf uns selbst zurück. Sie geben uns die Gelegenheit, in uns hinein zu forschen. Vielleicht können wir unsere Forderungen nach Zuwendung, Anerkennung und der Erfüllung unserer Wünsche, als die Rufe eines Marktschreiers verstehen, der uns in die geheimsten Winkel eines Basars führen will, wo die kostbarsten Schätze verborgen liegen: die Schätze unserer Liebe, unserer Fürsorge und Wertschätzung für uns selbst. Das ist es, worauf wir die ganze Zeit gewartet haben. Wir können sie uns selbst schenken, dann sind wir nicht mehr darauf angewiesen, sie von anderen zu erhalten. So befreit öffnet sich der Laser unserer Erwartungen wieder zu einem breiten Fächer an Möglichkeiten. 

Der Blick auf unsere Mitmenschen ist nicht mehr durch unsere Erwartungen eingeengt.

Anstatt etwas von ihnen zu fordern, was sie uns nicht geben können, nehmen wir die Geschenke an, die sie zu geben haben und schenken ihnen gleichzeitig die Freiheit, so sein zu dürfen, wie sie sind.

 

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