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Bewerten und urteilen

Immer wieder lese ich, wir sollen nicht bewerten und nicht urteilen und sogar, dass es unser Ziel sein soll, ganz wertfrei zu leben. Ich sehe das anders und weshalb, möchte ich euch hier erklären. Mein höchster Wert ist die Liebe. Sie ist mein Massstab, an dem ich mein Verhalten, mein Denken und Fühlen ausrichte. Darin übe ich mich jeden Tag. Die Liebe dient dem Leben und das findet sich in allem Natürlichen, also der Natur. 

Die Liebe zeigt sich in der Freude, im Mitgefühl, in der Dankbarkeit, in der Wahrheit, in der Schönheit, im Mut, in der Verantwortung, in der Hingabe und in vielen weiteren Tugenden. Das sind meine Werte. An ihnen orientiere ich mich, und ich wünsche mir eine Welt in der sie sowohl Grundlage als auch Selbstverständlichkeit für alle Menschen sind.

Wie würde eine Welt aussehen, in welcher es keine Werte gibt? Das bedeutet es nämlich, wenn jemand sagt, wir sollen wertfrei leben. Ja, ich weiss, so ist es nicht gemeint. Worte haben jedoch nicht nur Bedeutung, sondern Macht. Auch jene, uns zu manipulieren und in die Irre zu führen. Wählen und benutzen wir sie also mit Bedacht.

 

Wenn ich die Liebe in all ihren Facetten und das Schützen und Fördern des Lebens als meine Werte wähle, werde ich selbstverständlich alles an diesen Werten messen, es also be-werten. Das bedeutet für mich, dass ich für mich entscheide, ob etwas diesen Werten entspricht oder nicht. Wenn es ihnen nicht entspricht, sortiere ich es aus. Oder ich könnte auch sagen, ich ur-teile im Sinne von; die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen. Ich teile das, was ich für gut befinde, von jenem, was ich nicht möchte. Ich treffe eine Entscheidung oder anders gesagt, eine Wahl.

 

Wenn die Liebe mein höchster Wert ist, werde ich niemanden in seinem Wesenskern verurteilen, ergo ablehnen, denn der ist bei allen Liebe. Aber die ganzen Verhaltensweisen, die sich, aus welchen Gründen auch immer,  über diesen Wesenskern gelegt haben, die bewerte ich und die beurteile ich dahingehend, ob sie der Liebe entsprechen und ob sie dem Leben dienen oder eben nicht. Und wenn sie es nicht tun, urteile ich, treffe also die Entscheidung, ob ich es in meinem Leben haben will oder nicht. 

Bewerten und beurteilen dienen also dazu, festzustellen ob etwas meinen Werten entspricht oder nicht. Die Vorsilben ent- und ver- trennen etwas ab. Sie verwende ich dann, wenn ich etwas aussortieren möchte, was nicht zu meinen Werten passt.

 

Ich unterscheide, ob ich das Verhalten eines Menschen bewerte oder verurteile oder den Menschen selbst. Letzteres widerspricht der Liebe, also möchte ich das nicht tun. Ich kann entscheiden, dass ich gewisse Verhaltensweisen oder Ansichten nicht teile, weil sie nicht meinen Werten entsprechen, aber ich kann trotzdem dem Wesenskern dieses Menschen Liebe entgegen bringen. Oder es zumindest versuchen. Und ich kann jenen Menschen, die sich entschieden haben, nicht nach den Werten der Liebe zu leben, zugestehen, dass auch sie das Recht haben, nach ihrem freien Willen zu leben. 

 

In diesem Sinne strebe ich weder ein wertfreies Leben an, noch werde ich aufhören zu bewerten und zu urteilen. Aber ich werde mich darin üben, dem Wesenskern jedes Menschen mit Liebe zu begegnen und darauf zu vertrauen, dass alles, was den Werten der Liebe noch nicht entspricht, irgendwann abfallen wird, wie die Schalen einer Zwiebel. 

 

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