· 

Alle Gefühle sind willkommen

Um in der Liebe zu sein, brauchen wir uns nur auf das Gute zu konzentrieren. Nicht wahr? In spirituellen Kreisen heisst es oft, dass wir das Negative verstärken, wenn wir ihm Aufmerksamkeit und damit Energie geben. Schlechte Gefühle werden lieber verdrängt. Wir wollen sie nicht haben. Wir wollen in der Liebe sein. Sogenannte negative Gefühle wie Angst, Trauer, Wut, Einsamkeit, Hoffnungslosigkeit, Scham, Ekel usw. verbinden wir in der Regel nicht mit dem Wort Liebe. Wir neigen dazu, solche Gefühle in uns zu bekämpfen, sie zu verdrängen, uns davon abzulenken, um sie nicht zu fühlen. 

Wenn es uns nicht gelingt, immer positiv, offen, strahlend und eben in unserem Verständnis liebend zu sein, fühlen wir uns klein und unzulänglich und strengen uns noch mehr an im Kampf gegen unsere negativen Gefühle. Das Ergebnis ist oft Unfrieden. Wir neigen auch dazu, uns mit den negativen Gefühlen in uns zu identifizieren und uns als Opfer unter ihre überwältigende Kraft zu kauern. 

Indem wir uns nur auf das Gute konzentrieren, füllen wir nur eine von zwei Waagschalen. Um ausgeglichen und damit heil und in unserer Mitte zu sein, aus welcher die Liebe fliesst, braucht es beide Seiten. Um ganz, also vollumfänglich zu lieben, ist es notwendig, beide Seiten zu integrieren und dazu auch die von uns abgelehnten Gefühle in unser Herz zu lassen; sie willkommen zu heissen, als ein Teil von uns. 

Je mehr wir sie von uns wegschieben, desto stärker werden sie um unsere Aufmerksamkeit buhlen, und umso vehementer werden sie die Zügel übernehmen und uns in ihre Dimension hineinführen. Und je mehr wir ihnen die Zügel überlassen, desto ungenügender fühlen wir uns und umso mehr neigen wir dazu, diese Gefühle auf unsere Nächsten zu projizieren und sie als Fehler bei ihnen zu suchen, anstatt sie einfach in uns zu fühlen, als der Teil von uns, der sie sind. Vielleicht gibt es da dunkle Anteile in uns, die wir nicht zuordnen können, zu welchen wir (noch) keine Antworten finden, wo wir noch nicht ins Verstehen hinein gewachsen sind. Manchmal kann es hilfreich sein, einzutauchen, um die Antwort zu finden. Manchmal reicht es aber, einfach anzuerkennen, dass dieser Teil, dieses Gefühl, in uns ist. Manchmal reicht es, ihm die Herzenstüre zu öffnen und es hereinzuholen in die eigene Liebe. Dann ist es plötzlich nicht mehr gross und überwältigend, sondern atmet dankbar aus und schmiegt sich an unsere Liebe, wie ein kleines Kind an seine Mutter. Dann fühlen wir plötzlich wieder die Liebe und die Freude und die Dankbarkeit in uns, ohne dass wir uns anstrengen und sie durch irgendwelche Praktiken erzeugen müssen. Sie sind da, weil wir JA zu uns gesagt haben und damit zu allem, was (noch) zu uns gehört. 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0